Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
liebe Genossinnen und Genossen,
heute ist der letzte Sitzungstag vor der parlamentarischen Sommerpause, so dass ich in dieser Persönlichen Erklärung wieder meine Sicht der Dinge darlegen möchte:
Wir haben nicht nur bei den Europawahlen erlebt, dass Extremisten und Populisten in vielen Ländern einen besorgniserregenden Zulauf haben. Die Wahlen in Frankreich sind noch nicht entschieden, doch schon jetzt zeigt sich, dass auch in unserer europäischen Mitte die Polarisierung stark zunimmt. Ein Lichtblick sind die Wahlen in Großbritannien. Leider zeigt sich dort allerdings, dass die Menschen offenbar die negativen Auswirkungen von konservativer Politik und Populismus am Beispiel des Brexits erst deutlich spüren müssen, um dann den Wechsel zu wählen.
Unbestritten dürfte sein, dass die Demokratie auch bei uns unter Druck gerät. Der Kompromiss wird häufig nicht anerkannt. Das spüre ich auch bei meinen Themen Energie, Klima, Umwelt und Landwirtschaft. Vor wenigen Wochen habe ich das Agrarpaket mit Grünen und FDP verhandelt. Nach den Bauernprotesten hatten wir die Mitglieder der Zukunftskommission Landwirtschaft (ein breites Bündnis der führenden Verbände aus Landwirtschaft, Umwelt- und Verbraucherschutz sowie der Wissenschaft) gebeten, dem Parlament Vorschläge zu unterbreiten, welche Maßnahmen sie uns für die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft interessenübergreifend vorschlagen. Sie haben sich nicht auf gemeinsame Beschlüsse verständigen können. Das ist nur ein Beispiel, das dokumentiert, wie schwierig ein gemeinsames politisches Gestalten ist.
Umso wichtiger war für mich, dass ich mich mit den Koalitionspartnern dann auf ein Paket einigen konnte, dass den Landwirtinnen und Landwirten in unserem Land deutliche Entlastungen bieten wird. Dieses Paket wurde allerdings sofort genau von jenen kritisiert, die wir vorher um gemeinsame Vorschläge gebeten hatten. Ich habe deshalb in der Debatte darauf hingewiesen, dass ich auch relativ schnell vor einem Parteitag Mehrheiten in der SPD für die eine oder andere Frage bekommen könne. Die Kunst in der demokratischen Politik ist es jedoch, Mehrheiten in Koalitionen, also gemeinsam mit anderen Parteien, zu schaffen.
Das zeigt sich auch jetzt beim Haushalt. Die Regierung hat sich in dieser Nacht auf einen Haushaltsentwurf verständigt. Das Parlament wird darüber im Herbst zu beraten haben. Auch hier stehen sich politische Grundsätze nahezu unversöhnlich gegenüber. Wichtig ist für mich, dass es überhaupt eine Verständigung über einen Entwurf gibt, da der Bruch der Regierung zu weiterer Instabilität in Europa geführt hätte. Allerdings müssen wir jetzt im parlamentarischen Verfahren die Dinge prüfen. Gruppen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden und für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes sind erhebliche Investitionen notwendig.
Insoweit hätte ich mir gewünscht, dass die Mittel, die wir für die Ukraine und für die Bekämpfung der Flutschäden aufwenden, im Rahmen einer Notlage von der Schuldenregel ausgenommen werden. Das war mit der FDP bislang nicht zu machen. Allerdings hat man wohl alternative haushaltstechnische Instrumente gefunden, um die klaffende Lücke von ca. 15 Milliarden Euro zu schließen. Diese haushaltstechnischen Fragen müssen nun kritisch überprüft werden.
Klar ist, dass der Investitionsbedarf in den kommenden Jahren insgesamt weitaus größer ist, so dass die Frage zum Umgang mit der Schuldenbremse spätestens bei der nächsten Bundestagswahl ein zentrales Thema sein wird. Der Bundesverband der deutschen Industrie und der DGB beziffern für die kommenden 10 Jahre die Summe der notwendigen Investitionen auf 400-600 Milliarden Euro. Inwieweit der Staat in Infrastruktur, Bildung und Pflege investieren kann, ist für mich die entscheidende politische Aufgabe bereits in den jetzt beginnenden parlamentarischen Beratungen. Die bevorstehende Arbeit wird insoweit nicht kleiner!
Zum Abschluss möchte ich noch einmal auf meine Aktivitäten auf Social Media (TikTok; Instagram und Facebook) hinweisen. Seit einiger Zeit versuche ich hier neue Formate für die Bürgerinnen und Bürger auszuprobieren. Gerne nehme ich diesbezüglich auch Anregungen auf. Das gilt natürlich auch für die in dieser Persönlichen Erklärung angesprochenen Punkte und darüber hinaus.
Jetzt bleibt mir, Ihnen und Euch einen hoffentlich erholsamen Sommer zu wünschen. Vielleicht sehen wir uns ja im Rahmen meiner Wahlkreistour!
Alles Gute!
Ihr/Euer
Matthias Miersch