Matthias Miersch zu den Vorwürfen des Kanzlerkandidaten Laschet zur Energiepolitik aus dem Triell

„Von der Redlichkeit hat die Union sich schon lange verabschiedet in diesem Wahlkampf. Zu behaupten, die SPD habe alle Vorschläge zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren abgelehnt, ist eine bemerkenswert plumpe Ausrede für die jahrelange Blockadepolitik der Union. Ausgerechnet von jemandem, der die Bürgerinnen und Bürger gerade um ihr Vertrauen bittet. Wer beim Ausbau der erneuerbaren Energien antreibt und wer bremst, ist äußerst gut belegt: Die Verhinderung von bundesweiten Abstandsregelungen für Windkraftanlagen an Land, die Aufhebung des Solardeckels und kommunale Beteiligungsmöglichkeiten an Wind- und Solarparks, all das sind Erfolge, die die SPD hart gegen die Union erkämpft hat.

 

Realistische Ausbaupfade sowie Flächensicherung von zwei Prozent der Landesflächen für Windkraft an Land, im Paket mit Planungsbeschleunigung, wollte die Union trotz mehrfachem SPD-Angebot nicht regeln.

 

Und Laschet selbst setzte sogar noch einen drauf: Während er von der Entfesselung des Ausbaus spricht, hat er noch im Juli rigide Windkraftverhinderungsregeln in Nordrhein-Westfalen erlassen, die den Ausbau der Erneuerbaren massiv behindert, wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft attestiert.“

 

Zu den Vorwürfen im Einzelnen:

 

  1. Vorwurf Laschet: SPD kopiere die Ideen der Union zur Beschleunigung des EE-Ausbaus und habe alle Vorschläge der Union blockiert.

 

Matthias Miersch:

 

  • „Gegen den erbitterten Widerstand der Union haben wir im Mai 2020 verhindern können, dass es bundesweite Abstandsregeln für die Windkraftanlagen gibt. Außerdem haben wir die Union nur mit Mühe dazu bewegen können, den Solardeckel aufzuheben, der den Ausbau der Solarenergie hemmte.

 

  • Im November 2020 hat die SPD eine umfassende EEG-Novelle mit realistischen Ausbauzielen gefordert. [siehe Anlage 1: Verhandlungsgrundlage]

 

  • Bei der Novelle des EEG im Dezember 2020 haben wir zwar vieles durchsetzen können, wie Verbesserungen beim Mieterstrom und beim Eigenstrom, kommunalen Beteiligungsmöglichkeiten sowie eine institutionalisierte Bund-Länder Zusammenarbeit beim Ausbau der Erneuerbaren.

 

Die Regelung von Ausbauzielen, die notwendige Flächensicherung und weitere beschleunigende Elemente hat die Union weiter blockiert. So retteten wir diese Elemente in einem Entschließungsantrag, der Basis weiterer Verhandlungen im Jahr 2021 sein sollte. [vgl. Anlage 4: Entschließungsantrag]

 

  • Ab Januar 2021 begannen zermürbende Runden, auch mit den Baupolitikern der Union zur Umsetzung des Entschließungsantrags, insbesondere auch um das Flächenziel von zwei Prozent für Windenergie an Land gesetzlich zu fixieren. Die Union musste zwischendurch mit Georg Nüsslein und Joachim Pfeiffer zwei Verhandler aus dem Team nehmen, weil beide durch Vorwürfe zur Maskenaffäre und durch Lobbyvorwürfe schwer beschädigt waren. Schnell wurde klar, dass die Union aber inhaltlich auch mit neuen Verhandlern keine Lösung suchte.

 

  • Im März 2021 schließlich haben wir unser Verhandlungsangebot noch einmal schriftlich abgegeben, in dem wir die Union aufforderten, Flächen für die Windenergie zu sichern, Rahmenbedingungen mit realistischen Ausbaupfaden zu stabilisieren und Planungen durch Änderungen im Bundesnaturschutzrecht zu beschleunigen. [siehe Anlage 2: Brief an Linnemann und Anlage 3: Vorschläge]

 

  • Die Union hat unsere Vorschläge abgelehnt.

 

  • Im Juni 2021 hat die SPD-Fraktion immerhin Erleichterungen für das Repowering durchsetzen können. Zu weiteren Änderungen, etwa im BauGB, war die Unionsfraktion nicht bereit.

 

  • Während sich Laschet auf Bundesebene mit Plänen und Vorschlägen als Klimaschützer und Macher geriert, hat er in Nordrhein-Westfalen im Juli 2021 einen Mindestabstand von 1.000 Metern von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung beschlossen. Die die Branche attestiert Laschet in einem Brief, der von 75 Energieunternehmen unterschrieben ist, dass er mit seinen geplanten Abstandsvorgaben die Landesfläche, die für die Windenergie künftig noch zur Verfügung steht, auf gerade mal 0,5 Prozent reduziere.“

 

  1. Zum Vorwurf: Schätzung des Strombedarfs sei keine parteipolitische Angelegenheit, sondern basiere auf einem wissenschaftlichen Gutachten

 

Matthias Miersch:

„Olaf Scholz hat seit Monaten auf die ‚Stromlüge‘ des CDU-geführten Wirtschaftsministeriums hingewiesen. Alle wichtigen Think-Tanks und viele große Verbände stellten schon seit geraumer Zeit fest, dass die Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums aus dem Gutachten überholt seien. Wir haben Minister Altmaier mehrfach mit den neuen Schätzungen konfrontiert und ihn gebeten, den Ausbaumengen aktuelle Zahlen zu Grunde zu legen. Die Union und Minister Altmaier hätten hier entweder einschlagen können oder wenigstens ein neues Gutachten in Auftrag geben.“

 

  1. Zum Vorwurf: SPD blockiere Planungsbeschleunigung an sich

 

Matthias Miersch:

„Die Union macht nachweislich nicht umsetzbare Vorschläge, statt sich um die konkreten schnell umsetzbaren Aufgaben zu kümmern. Der Vorschlag zu Ausschlussfristen in Klageverfahren, die sogenannte Präklusion, ist spätestens durch das EuGH Urteil aus diesem Jahr klar europarechtswidrig.  Der andere Vorschlag betrifft die Einschränkung von Klagerechten von Umweltverbänden: diese sind in einem internationalen Abkommen geregelt, dessen Änderung rund 15 Jahre dauern würde. Nicht gerade ein Zeitraum, der die jetzt nötige Verfahrensbeschleunigung bringt.“

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